„Wir wollen den Menschen helfen, sich zu integrieren“

Erste Geflüchtete sind ins Postgebäude in Schlüchtern eingezogen

Jede Kommune muss Geflüchtete aufnehmen, die ihr vom Land zugewiesen werden – das gilt natürlich auch für Schlüchtern. Im Jahr 2023 sind es knapp 200 Menschen, 2024 kommen noch einmal so viele. Deshalb wurde das alte Postgebäude umgebaut. Die ersten Geflüchteten sind gerade eingezogen – bis es allerdings so weit war, musste einiges getan werden. Betraut mit der Aufgabe ist die Schlüchterner Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG), also Geschäftsführer Werner Bensing, Franziska Fiedler-Leipold, Andreas Förster, Thorsten Kalinowsky sowie Tina Meister.

In die Notunterkunft im alten Postgebäude, kurz NUK genannt, sind gerade 17 Menschen eingezogen. Platz ist im aktuellen Ausbauschritt für 40 Personen. Der Plan ist es, innerhalb von sechs Monaten eine Dauerunterkunft für jeden Geflüchteten im Stadtgebiet zu finden. SEG-Chef Werner Bensing beschreibt aber das wichtigste Ziel: „Wir wollen den Menschen helfen, sich zu integrieren und selbst Verantwortung für sich und ihre Familie übernehmen zu können.“

Deshalb werden zum Beispiel Sprachkurse angeboten, und es gibt Unterstützung bei Behördengängen. In Integrationskursen können die Neuankömmlinge etwas über die deutsche Kultur erfahren, in Vereinen haben sie die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen. Viele dieser Aufgaben übernimmt das Integrationsbüro „Check In“ der Stadt Schlüchtern.

„Wichtig ist, dass diese Angebote aber auch angenommen werden und die Menschen sich mit den Begebenheiten vor Ort auseinandersetzen“, sagt Schlüchterns Bürgermeister Matthias Möller. Deshalb müssen die Geflüchteten zum Beispiel selbst einkaufen gehen und kochen – und auch um einen Job sollen sie sich selbstständig kümmern. Möller: „Wir sind überzeugt davon, dass die Integration so schneller gelingt. Selbstverständlich bekommt jeder Unterstützung, wenn er sie braucht.“

Was das fünfköpfige SEG-Team geleistet hat, seitdem ihm der Magistrat vor knapp vier Monaten den Auftrag erteilt hatte, ist beachtlich. Werner Bensing zählt auf: „Los ging es mit dem Anmieten der Räume, dann haben wir den Umbau mit allen Zimmern, Küche, Toiletten und Duschanlage geplant, die Leistungen ausgeschrieben und die Handwerksbetriebe beauftragt. Wir haben die Baubesprechungen geleitet, uns um die Projektsteuerung gekümmert, die Absprachen mit den anderen Mietern Telekom und Post erledigt und noch einiges mehr.“ Sogar um den Einkauf der Einrichtungsgegenstände wie Schränke, Betten und Matratzen, Waschmaschinen und Mikrowellen hat sich das SEG-Team in Eigenregie gekümmert – genauso wie um die Starterpakete für die Geflüchteten, die Geschirr, Besteck, Tassen und Töpfe erhalten.

Matthias Möller weiß das zu schätzen: „Unglaublich, was das Team in der kurzen Zeit alles umgesetzt hat. Das ist natürlich mit vielen Überstunden verbunden, das lässt sich gar nicht vermeiden. Vielen Dank für diesen Einsatz.“

Die Arbeiten im Gebäude sind vorerst abgeschlossen, im nächsten Jahr soll ein letzter kleiner Bauabschnitt folgen, sodass dann weitere 26 Geflüchtete einziehen können. Externe Unterstützer wie der Malteser Hilfsdienst sind ebenfalls in der NUK tätig. „Sie verfügen über viel Erfahrung in der Betreuung von Flüchtlingsunterkünften und haben ein großes Helfernetzwerk“, betont Werner Bensing. Geleitet wird die Einrichtung von Waltraud Born vom Malteser Hilfsdienst in Kooperation mit Tina Meister aus dem SEG-Team.

Und was ist mit den Kosten? Insgesamt liegen die Ausgaben im Rahmen des von der Stadt zur Verfügung gestellten Budgets. „Wir wollen natürlich möglichst kostendeckend arbeiten. Aktuell geht dieser Plan auf, wenn keine unvorhersehbaren Ereignisse eintreten“, erläutert Werner Bensing. Aufwendungen entstehen zum Beispiel für den Umbau des Gebäudes, Miete und Nebenkosten, für Verbrauchsmaterial, Reinigungskräfte, Leitung und Aushilfen, Sicherheitspersonal und bei Bedarf auch für die Sozialberatung. Für freiwillige Übersetzer und Betreuer fällt außerdem die Ehrenamtspauschale an. Im Gegenzug gibt es pro Bewohner der NUK einen täglichen Pauschalbetrag, der von unterschiedlichen Faktoren wie dem Status des Geflüchteten abhängt. Dazu kommen möglicherweise Fördergelder vom Bund.

Die Notunterkunft soll zunächst für zwei Jahre bestehen, es gibt aber die Option, den Mietvertrag anschließend um weitere zweimal zwei Jahre zu verlängern, erläutert Matthias Möller, der die Aufnahme und Integration insgesamt als eine enorme Herausforderung ansieht: „Es ist schwer für die Menschen, die geflüchtet sind, für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort, aber auch für uns als Kommune. Einerseits müssen wir das finanziell stemmen, andererseits ist da die soziale Komponente.“

Ohne die Mithilfe der Menschen sei das alles nicht machbar. Schließlich gehe nach dem Einzug in die Notunterkunft die Arbeit erst los. Deshalb appelliert Möller abschließend: „Wir sind dankbar für jeden, der hilft, egal in welchem Rahmen. Sei es ehrenamtlich als Betreuer oder einfach bei Begegnungen im Alltag.“

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